Leserbrief der SMV am FLG zu den Geschehnissen an der GSS

3. März 2015

Dieser Leserbrief an den FT wurde uns gestern nacht zugesendet.
Liebe Leserinnen und Leser,
am 29. Januar äußerte sich der Schüler der Graf-Stauffenberg-Wirtschaftsschule [ein Schüler] im Rahmen einer Berufsinformationsveranstaltung, bei der ein Jungoffizier die Berufs- und Karrierechancen bei der Bundeswehr bewarb, kritisch über die von Bundeswehrsoldaten im Jahr 2009 ausgeführte Operation im afghanischen Kundus, die zahllose Zivilisten das Leben kostete. Der Offizier rechtfertigte sich sachlich. Der Schulleiter gab [dem Schüler] einen Verschärften Verweis.
Wir, die SMV am Franz-Ludwig-Gymnasium, sind schockiert von der Art und Weise, auf die die Schulleitung der GSS auf diese Geschehnisse reagiert hat. [Der Schüler] hat sich kein einziges Vergehen gemäß dem Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz (BayEUG) zuschulden kommen lassen; er hat lediglich seine kritische und berechtigte, aber in keiner Weise verletzende Meinung gesagt. Die Tatsache, dass an einer Bamberger Schule engagierte Schüler allein ihrer politischen Einstellung wegen derart hart und restriktiv bestraft werden, verpflichtet uns als Bamberger Schüler, mit dem Betroffenen Solidarität zu zeigen und uns für eine Berichtigung dieses offensichtlichen Missstandes einzusetzen.
Im Wortlaut des Verweises bezichtigt Schulleiter Mattausch den Schüler, durch sein Verhalten den Schulbetrieb eminent gestört zu haben. Als in großen Diskussionsrunden erfahrene Schüler sind wir äußerst irritiert, wie [der Schüler] sachliche und auf Verständigung ausgerichteten Fragen an den Bundeswehroffizier stören konnten. Vielmehr bildet ein solches Verhalten doch die Grundlage einer jeden belebten, ergebnisorientierten Debatte, zumal der Schüler dabei sein durch Art. 56, Abs. 3 BayEUG garantiertes Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hat. Dieses aus solch leichtsinnigen Gründen einzuschränken, widerspricht dem demokratischen Selbstverständnis, zu dem sich Herr Mattausch in der Presse großmütig bekannt hat, erheblich. Darüber hinaus ist es gemäß Art. 2, Abs. 1 BayEUG die äußerste Verpflichtung des Schulleiters, die Schüler „zu selbstständigem Urteil und eigenverantwortlichem Handeln zu befähigen“ sowie „zur Wahrnehmung ihrer Pflichten in […] Staat und Gesellschaft“. Dieses Bestreben ließ das Verhalten Herrn Mattauschs in den letzten Wochen leider vermissen.
Des Weiteren solle [der Schüler] – so der im Verweis vorgebrachte Vorwurf – verbotenerweise gezielt politische Werbung auf dem Schulgelände betrieben haben. Diese Anschuldigung hat sich jedoch als haltlos erwiesen, da sie durch keinerlei Evidenzen gestützt werden konnte – was sogar die Polizei in ihrem Bericht zum Ausdruck gebracht hat.
Diese Ausführung dürfte wohl ausreichend belegen, dass besagter Verschärfte Verweis jeglicher schulrechtlichen wie verstandesmäßigen Grundlage entbehrt. Stattdessen zielt er darauf ab, durch willkürlichen Autoritätsgebrauch den kritischen und freien Meinungsaustausch zu unterbinden. Niemals hätten wir es für möglich gehalten, dass sich in Bamberg ein Schulleiter den Einsatz solcher Mittel unter solchen Umständen anmaßt. Als Schüler des Franz-Ludwig-Gymnasiums, die wir ein harmonisches und auf Konsens ausgerichtetes Schulklima gewöhnt sind, verdeutlichen wir vehement, dass keine Schülerin und kein Schüler unseres Gymnasiums und wohl auch der anderen Schulen in Bamberg dieses repressive Verhalten von Seiten einer Schulleitung gutheißen kann. Daher fordern wir nun Herrn Mattausch auf, den Verschärften Verweis auf selbstverständlich offiziellem Dienstweg zurückzunehmen und sich aufrichtig bei [dem Schüler] zu entschuldigen.
Mit freundlichen Grüßen
im Namen der SMV des Franz-Ludwig-Gymnasiums die Schülersprecher Patrick Harman, Jakob Dieckhoff, Luisa Wiesneth